Vom Gefäß zur Plastik


Dr. Walter H. Lokau | Kunsthistoriker | Bremen


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Eva Koj ist Gefäßkeramikerin – durch und durch – und geblieben – treu auch immer der Drehscheibe, die sie in Vollkommenheit zu nutzen weiß – kein Wunder, möchte man sagen, bei den Lehrern – zunächst absolvierte sie ein mehrjähriges Praktikum bei Christine Atmer de Reig in Mettmann bei Düsseldorf, der kleinen/großen Schülerin zunächst von Otto Lindig und dann Jan Bontjes van Beek, den beiden einander nachfolgenden Hamburger Hochschullehrern der 50er und 60er Jahre, Säulenheilige der deutschen Keramik des 20. Jahrhunderts – und noch immer nehme ich in den wohlgerundeten Volumina der Gefäße Eva Kojs die Gefäß-Auffassung dieser Ahnenreihe Bontjes-Atmer de Reig wahr – besonders merklich in den gewissermaßen unversehrten, ganz und gar glasierten Gefäßen, geradezu klassische Kugeln mit kräftiger und dennoch weicher Randbildung oder ausladende edle Schalen, deren grünliche, mal heller mal satter erscheinende, oft trübe und tiefcraquelierte Seladon-Glasur nobel und makellos zum einen den keramischen Vorfahren Referenz erweist und dann, weiter zurück noch klingend, das jahrhundertealte Echo ostasiatischer, koreanischer und chinesischer Keramik herträgt.

Sie haben sich haben sich vielleicht gewundert, als ich von diesen Gefäßen als „unversehrt“ sprach – nun: Es gibt da noch jene anderen Pötte Eva Kojs – die „Versehrten“: Gefäße von kleinen Formaten bis zu schweren, dickwandigen Größen, wie sie die früher so gern als Schirmständer mißbrauchten „Bodenvasen“ hatten – Gefäße, die mit ihrer außen unglasierten, rauhen, mitunter sogar rissigen, schrundigen Oberfläche von irdener, ungleichmäßiger Färbung – Sandgrau bis Rotbraun – von einer anderen keramischen Auffassung zeugen, einer der verletzten oder auch gelassenen Materie.

Eva Koj beherbergt diese zwei keramischen Seelen, die perfekt-glatt-glänzende und die zweite, die wildere, stammt aus ihrem Studium bei Professor Johannes Gebhardt an der Fachhochschule für Gestaltung in Kiel. Gebhardt, auch er einer der bedeutendsten Keramiker und Keramiklehrer, der seinen Studenten die Fron der Arbeit an der Drehscheibe zwar abnötigte, sie aber dann in eine Freiheit entließ, die auf der Grundlage der Beherrschung des Handwerks ein subtileres, materialeres Verhältnis zum Ton, ein Lassen der Materie ermöglicht. Und das genau nutzt Eva Koj bei der Herstellung dieser anderen Gefäße: Beim Drehen erlaubt sie Asymmetrien, läßt den Ton ausfransen, aufreißen, legt seine schamottierte Körnigkeit offen – Einschnitte, Kerbungen, Strukturen, unregelmäßige Porzellanauflagen markieren den Gefäßkörper – bei kleinen dieser Arbeiten wird der Rand bis zu scharfkantigen, unregelmäßig abreißenden Fahnen verdünnt oder gebrochen stufig geschnitten. Das ungleichmäßige Aufbringen von Salzen oder Aschen verstärkt noch den Eindruck einer gleichwohl „provozierten“ Natürlichkeit – Glasurspuren oder Verläufe auf großen Gefäßen, Glasurpfützen im Inneren erscheinen wie Ergebnisse geologischer Prozesse – und auch sie überschreitet schon mit ihren Kokons, Spindeln und Kreiseln, gedrehten, montierten Objekten das Gefäß – und wie es in der Natur keine Gleichheit gibt, gilt auch hier: Ein jedes ist anders und einzig …

Dennoch: Das reale Gefäß ist für die Keramikerin Eva Koj eine zweifellose Angelegenheit…

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